Verbundgruppen haben eine lange Tradition. Schon Ende des 19. Jahrhunderts traten sie als Einkaufsgenossenschaften auf die Bühne, um kleine und mittelständische Händler zu unterstützen und galten damit zu der Zeit als äußerst fortschrittlich. Und heute, im 21. Jahrhundert, in Zeiten von Amazon und mobile Shopping? Da tun sich die Verbundgruppen schwer, Lösungen und Services für ihre Mitglieder zu finden.
Das liegt zum großen Teil an den Mitgliedern selbst, nach wie vor meist kleine und mittelständische Händler. Einige stationäre Händler scheuen immer noch den Onlinehandel, andere konnten sich bereits im Alleingang auf Amazon behaupten und viele fürchten eine Kannibalisierung in gemeinsam genutzten Vertriebskanälen.
Gemeinsam stark. Und kundenzentriert!
Dabei können die Mitglieder gerade gemeinsam die Potenziale des digitalen Commerce heben. Denn die Masse an Händlern besitzt etwas, was heute unendlich kostbar ist: Daten. Selbst kleine Händler, die diese Daten nicht digital aufzeichnen, wissen, wer ihre Kunden sind und könnten dieses Wissen teilen.
Customer Centricity ist viel mehr als nur ein Marketingbegriff und das müssen auch Verbundgruppen und ihre Mitglieder verstehen. Nicht die Interessen der einzelnen lokalen Händler dürfen im Mittelpunkt stehen, der Endkunde muss es sein, wie etwa Amazon es hervorragend vormacht.
Daten zu sammeln, zu analysieren und gezielt zu nutzen, ist Voraussetzung für eine optimale Customer Experience, denn damit lassen sich Kunden individuell ansprechen, gezielte Kampagnen ausspielen und kanalübergreifende Einkaufsprozesse anbieten. Und mit mehr Reichweite und nützlichen Daten werden die Händler auch wieder interessanter für starke Marken, die für ihre Kampagnen oft auf große Filialisten setzen oder inzwischen auch verstärkt auf Zwischenhändler verzichten, um einfach selbst an den Endkunden zu verkaufen.
Online-Vertriebskanäle: Studie sieht Handlungsbedarf
Klar ist: Es muss etwas passieren. Tatsächlich gibt es auch bereits Verbundgruppen, die die Herausforderung des digitalen Handels angehen. Allerdings sind die Zahlen noch recht dürftig, wie eine Studie von eStrategy Consulting zeigt. Dafür hat das Beratungsunternehmen über hundert Verbundgruppen mit nahezu hunderttausend Mitgliedern untersucht.
Die Ergebnisse: Zwar bieten 90 % der Verbundgruppen den Mitgliedern weiterhin das, was sie im 19. Jahrhundert stark gemacht hat, den Zentraleinkauf. Aber nur rund 40 % haben die Leistungen in der heutigen Zeit um Online-Sales-Lösungen ergänzt, etwa in Form eines eigenen Online-Vertriebskanals oder einer Anbindung an externe Marktplätze. Einen digitalen POS unterstützen sogar nur 15 %.
Die Studie zeigt auch, dass ein Großteil derer, die Online-Sales-Lösungen anbietet, auf individuelle Online-Shops setzen. 19 Verbundgruppen eröffnen ihren Mitgliedern diese Möglichkeit. 12 bieten einen zentralen Webshop, 9 einen zentralen Marktplatz und 8 unterstützen die Sichtbarkeit auf Preisvergleichsportalen wie Idealo.
Betrachten wir einmal die beiden Modelle, bei denen die Verbundgruppen zentral agieren. Was ist der Unterschied zwischen Webshop und Marktplatz und welchen Mehrwert bieten sie jeweils?
Modell 1: Zentraler Marktplatz
Auf einem zentralen Marktplatz verkaufen sämtliche Händler der Verbundgruppe ihre Ware und zwar zu ihren eigenen Preisen. Sie treten also in den Wettbewerb untereinander, allerdings kann das durch eine gesteigerte Nachfrage aufgrund der größeren Reichweite abgefedert werden. Die Verbundgruppe kann Standards vorgeben, die auf dem Marktplatz einzuhalten sind, sie bietet ihren Mitgliedern aber auch ergänzende Leistungen, zum Beispiel fertigen Content, Payment-Optionen oder Dropshipping. Der Vorteil für den Endkunden: Er bekommt mit einem zentralen Marktplatz die Möglichkeit, Produkte und Preise verschiedener Anbieter leichter zu vergleichen.
Modell 2: Zentraler Webshop
Kleine, individuelle Webshops erzielen oft kaum Reichweite. Ein zentraler Webshop erlaubt es dagegen, einen starken Online-Auftritt mit zentralem Markenversprechen zu schaffen und die Händler dabei einzubeziehen. Sie treten hier als ein Verkäufer gegenüber dem Endkunden auf und profitieren allesamt von einem wettbewerbsfähigen Auftritt. Und: Sie ebnen damit den Weg zum Connected Commerce, den der Kunde heute erwartet. Leider gibt es auch hier erheblichen Aufholbedarf, wie die Studie von eStrategy Consulting zeigt. So bieten Click & Collect nur 34 % an, Click & Reserve 29 %, das Prüfen der stationären Verfügbarkeit 18 % und Instore-Return sogar nur 5 %.
„Speziell das sind Services, bei denen die lokale Präsenz vieler Verbundgruppen einen echten Mehrwert bieten kann — wenn es die einzelnen Händler denn schaffen, an einem Strang zu ziehen und ihre Online- und Offline-Kanäle im Sinne des Konsumenten zu verbinden.“, sagt Mario Raatz, Geschäftsführer bei ROQQIO.
Über eStrategy Consulting
eStrategy Consulting hilft Unternehmen dabei, digitale Innovationen zur Weiterentwicklung bestehender Geschäftsmodelle und für den Aufbau neuer Geschäftschancen zu nutzen. Sie unterstützen die Handelsbranche bei Themen wie Omnichannel, Connected Commerce oder Digital POS und zählen Hersteller, Händler, Verbundgruppen, Online-Marktplätze sowie Shopping-Mall-Betreiber zu ihren Kunden. eStrategy Consulting begleitet ihre Kunden von der Strategie und Konzeption bis zur pragmatischen und erfolgreichen Umsetzung der Projekte.
Hier finden Sie die Kurzfassung der Studie von eStrategy Consulting.