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Zukunft des Retail: 3D-Avatare und digitale Zwillinge im Einzelhandel

In der Industrie sind Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) bereits seit Jahren im Einsatz, insbesondere bei der Planung und in der Produktion. Nach einer neuen PTC-Studie arbeiten fast 75 % der deutschen Unternehmen mit diesen neuen Technologien oder planen dies.

Auch der stationäre Handel lädt nach und nach, meist in Form von Pilotprojekten, seine Kunden in digitale Welten ein. Dreidimensionale Visualisierungen sollen das Einkaufserlebnis nicht nur vor Ort attraktiver machen. VR und AR unterstützen zudem den Trend zum „Connected Retail“, um ein breites Onlineangebot auch im stationären Handel zu präsentieren. Einige Modehäuser planen bereits, ihre Kunden als digitalen Zwilling auf virtuelle Shoppingtouren zu schicken.

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Hilfe bei der Kaufentscheidung

H&M zum Beispiel plant eine digitale Umkleidekabine in den Filialen, die einen 3D-Scan von den Kunden macht. Mit den erstellten 3D-Avataren ist dann, auch von zuhause aus, eine digitale Anprobe per App möglich. Das Ziel der 3D-Scan-Umkleidekabine ist laut H&M ein spannendes Happening beim Einkauf bereitzustellen, das die Kaufentscheidung unterstützt. Ein weiterer Vorteil ist die Bequemlichkeit, mit der sonst insbesondere der Onlinehandel punktet. Viele Kunden verlieren beim analogen Einkaufen schnell die Lust, wenn die ersten Kleidungsstücke nicht passen. Mit dem „Bod“ entfällt hingegen das viele An- und Ausziehen in der Umkleidekabine. Ein Manko gibt es dabei aber auch: Der digitale Zwilling kann den Tragekomfort nicht vermitteln.

Reale Welten digitalisiert

Einen Schritt weiter geht Adidas mit seinen neuen interaktiven Stores. Hier verschmilzt die digitale mit der analogen Welt. Der „Home Court“ in Peking etwa bietet dem Kunden ein einzigartiges, interaktives Einkaufserlebnis, das in weiteren 25 Stores weltweit umgesetzt werden soll. Im Shoecourt im Centerfield können die Kunden mit Hilfe der interaktiven Theke Schuhe in 3D-Darstellung erleben und vielfältige Produktdetails abrufen. Außerdem ist eine Schuhsuchfunktion mit Produktempfehlung integriert.

Im 2021 eröffneten Flagshipstore in Dubai können die Kunden an über 60 digitalen Touchpoints agieren. Dabei kommen sowohl Digital Signage als auch ergänzende mobile Techniken zum Einsatz. Mit der Adidas App können Kunden einen Produktscan in Echtzeit durchführen sowie eine Anprobe-Funktion mit dem Namen „Bring it to me“ nutzen. Hierbei können sie ihre Größe überprüfen, das gewünschte Produkt ordern und sich liefern lassen, noch während Sie im Laden stöbern. Ein weiteres Highlight dürfte der interaktive Anprobe-Spiegel sein, der mithilfe von RFID-Technologie das Produkt erkennt und wichtige Produktinformationen auf dem Spiegel anzeigt. Der Kunde kann auch hierüber verschiedene Farben und Größen abfragen und sie anfordern, ohne die Kabine verlassen zu müssen. Das Smart-Fitting-Room-Erlebnis wird ergänzt durch immersive Anprobe-Räume, in denen der Kunde durch Auswahl diverser Szenarien sehen kann, wie sein Outfit in verschiedenen Umgebung wirkt.

Virtual Reality wird bereits vielfältig eingesetzt

Die VR-Brille ist den meisten Verbrauchern bereits seit Jahren bekannt und wird neben der Spiele-, Film- und Freizeitindustrie auch im Handel eingesetzt. Zwei Displays und besondere Linsen simulieren eine nicht existierende Wirklichkeit direkt vor den Augen. Die nötigen Bilder liefert eine Konsole oder ein PC. Im Gegensatz zur herkömmlichen Präsentation von Produkten am Point of Sale versetzen virtuelle Visualisierungen den Kunden in Umgebungen, die beispielsweise das Produkt oder die Dienstleistung im Einsatz zeigen. So nimmt das Outdoor-Modelabel „The North Face“ seinen Kunden mit auf eine Fahrt mit Schlittenhunden, nachdem der Kunde eine Winterjacke angezogen hat und in einen echten Schlitten eingestiegen ist. Und in den Verkaufsräumen von Audi können Interessenten ihren individuell konfigurierten Traumwagen in jedem Detail betrachten.

Augmented Reality kann mehr

Ein Nachteil von VR ist der Mangel an realer haptischer Erfahrung und die fehlende soziale Interaktion, denn der Anwender setzt die VR-Brille auf und ist allein. Deshalb hat AR, die erweiterte Realität, deutlich mehr Potenzial, ist aber noch aufwendiger. Der Vorteil von AR ist, dass der Kunde die reale Umgebung, beispielsweise den Verkaufsraum, in dem er steht, wahrnimmt, zusätzliche Informationen über ein Display eingeblendet bekommt und auch interagieren kann.

Dafür kommt ein Smartphone, Tablet, Head-Up-Display, Holographie-System oder eine AR-Brille wie die Microsoft Hololens zum Einsatz. So ist es beispielsweise möglich, einen Tisch in einen Raum zu projizieren. Auf diese Weise können Brautpaare mit der Wedding Ring App beim Schweizer Juwelier Meister oder vorab zuhause Eheringe in 3D am Ringfinger virtuell anprobieren. Eine ähnliche Technologie bietet auch Kosmetikhersteller L’Oréal Paris mit seinem Try-on-Tool für Make-Up und Haarfärbemittel an. Das Tool fungiert als virtueller Spiegel, mit dem der Kunde unter anderem Lippenstifte, Lidschatten, und Wimperntusche sowie verschiedene Haarfarben digital auftragen und in Echtzeit, aus jeglichen Blickwinkeln, testen kann.

Es geht auch ohne virtuelle Realität

Innovation und Digitalisierung sind für den Einzelhandels ein Wettbewerbsvorteil. Neue Trends zur Visualisierung in den Bereichen 3D, AR oder VR sollte jeder Einzelhändler im Blick haben, da sie Einkaufserlebnisse verbessern, sofern sie gut gemacht sind und Sinn ergeben.

Eine Neudefinition ihres Marketingansatzes stellt kleine Einzelhändler aber vor große Herausforderungen, daher ist hier Kreativität gefragt. Die Umsetzung von 3D-Modellen ihrer Kunden dürfte für einige noch nicht möglich sein. Aber auch unter Einsatz alltäglicher Technik, gepaart mit individuellem Content und überdurchschnittlich detaillierten Produktbeschreibungen, kann ein echter Mehrwert für den Kunden entstehen.

Auch abseits von Technologie und Trends können insbesondere kleine Einzelhändler oft punkten: Mit einer sehr persönlichen Ansprache, individuellen Produktpräsentationen und Beratungen sowie einem zielgerichteten Angebot zum Beispiel. Oder mit dem gezielten Einsatz sensorischer Reize, um alle Sinne der Kunden anzusprechen.

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