Gamification beschreibt die Verwendung von Spielmechaniken und spielerischen Elementen in einem an sich spielfremden Bereich, wie zum Beispiel dem E-Commerce. Ziel ist, die Kunden zu begeistern, sie zu animieren, sich aktiv mit Produkten zu beschäftigen, sie zu kaufen und auch Freunden zu empfehlen.
Die Aufmerksamkeit von Kunden zu erregen und zu halten, wird für Händler und Hersteller immer schwieriger: Die Social Media sind mit Anzeigen geflutet, Produkte wenig individuell und das Einkaufserlebnis austauschbar. Wo also ansetzen, um aus der Masse herauszustechen und die Produktsuche sowie den -kauf attraktiver zu gestalten? Bei der Freude am Spiel!
Natürlichen Spieltrieb nutzen
Der Spieltrieb ist dem Menschen angeboren. Besonders anschaulich ist das bei Babys und Kindern, die die Welt spielerisch entdecken, aber auch Erwachsene agieren teils aus reiner Freude am Spiel. Ein anthropologisches Erklärungsmodell ist zum Beispiel der Homo ludens, der spielende Mensch.
Im Fitnessbereich ist Gamification schon seit langem verbreitet. Hier gibt es zahlreiche Apps und Fitnessuhren, mit denen die User ihren Fortschritt tracken können. Ranglisten, Challenges und Achievements sind typische Spielelemente, die zum weiteren Workout antreiben. Es gibt sogar Apps, die den User über ein Hörspiel zum Storyhelden machen; bei „Zombies, Run“ zum Beispiel muss man schnell laufen, um den lebenden Toten zu entkommen.
Solche Mechanismen funktionieren auch im E-Commerce. Um das Kundeninteresse zu wecken und zu halten, sind in der Regel vier Schritte zentral:
- Der Trigger: die Motivation, sich auf das Spiel einzulassen
- Die Investition: der Aufwand, der für das Spiel aufgebracht werden muss
- Die Aktion: das Spiel macht Freude
- Die Belohnung: wartet am Ende des Spiels auf die Kunden
Wichtig: Spiele müssen Spaß machen und dürfen nie langweilig sein. Zudem muss der Aufwand immer im ausgewogenen Verhältnis zur Belohnung stehen. Ansonsten dürften sich die Kunden enttäuscht abwenden.
Game on! Spielelemente im E-Commerce
Nicht jedes Element funktioniert in Ihrer Branche und mit Ihren Kunden. Analysieren Sie, was bei Ihrer Zielgruppe und Ihren Bestandskunden gut ankommt. Zur Inspiration hier einige Beispiele:
- Stufen im Checkout visualisieren: Eine sehr einfache Spielmechanik, die kaum als solche erkannt wird, die viele Shops aber schon umsetzen. Der Bezahlprozess ist für viele Kunden ein lästiges Muss. Während des Checkouts kommt es oft zu Kaufabbrüchen. Zeigen Sie Ihren Kunden mit einem einfachen Fortschrittsbalken, wo sie stehen und welche Schritte sie noch gehen müssen.
- Ranglisten gehören zu den meisten Videospielen fest dazu. Punkte zu sammeln und immer höher aufzusteigen, treibt die Spielenden an. Das kann auch im Onlineshop funktionieren. Verteilen Sie Punkte zum Beispiel dafür, dass Kunden Rezensionen verfassen oder Ihre Beiträge auf Social Media liken. Wer am Ende des Monats den Highscore hält, wird belohnt, etwa mit einem Gutschein oder einem kleinen Geschenk. Oder bieten Sie den Top-5 kostenlosen Versand für die nächste Bestellung.
- Quests sind ebenfalls eine klassische Spielmechanik. Stellen Sie Ihren Kunden kleine Aufgaben, bitten Sie etwa um drei Produktbewertungen oder Weiterempfehlungen für Ihren Newsletter. Wenn der Kunde die Quest erfolgreich abschließt, bekommt er eine Belohnung.
- Challenges: Viele Menschen messen sich gerne mit anderen – erst recht, wenn sie damit einen Preis gewinnen. Rufen Sie zum Beispiel über Instagram zu einem Wettbewerb auf, der thematisch zu Ihrem Unternehmen passt und im besten Fall Ihre Produkte involviert: Wer kombiniert den Schuh XY am besten? Wer hat den schönsten Sommerbalkon? Lassen Sie dann Ihre Follower entscheiden, wer gewinnt. Solche Aktionen bringen User Generated Content, der für jede Menge Interaktion auf Ihren Profilen und mehr Reichweite sorgt. Außerdem stärkt das die Bindung zu Ihren Followern.
- Glücksrad: Über ein Pop-up können Sie Ihren Usern ein Glücksrad zeigen. Nach Eingabe der Mailadresse können sie das Rad drehen. Zu gewinnen gibt es Rabatte in unterschiedlichen Höhen, versandkostenfreie Lieferung oder auch mal nichts – auch Nieten gehören dazu.
- Reale Events und Feiertage bieten sich ebenso für kleine Spielereien an. Weit verbreitet ist zum Beispiel der Adventskalender, der den Usern täglich ein Geschenk in Aussicht stellt oder das Eiersuchen zu Ostern, indem Hinweise im Shop versteckt und Gewinne versprochen werden. Genauso können Sie die neue Bikinikollektion mit einem Countdown bis zum Sommeranfang promoten oder jede andere Gelegenheit entsprechend nutzen.
- Ein Quiz eignet sich dazu, spielerisch mehr über den Kunden zu erfahren, um Produktempfehlungen gezielter zu personalisieren.
- Bewährt hat sich zudem, Kunden in einen Club einzuladen, der einige der oben genannten Spielmechaniken kombiniert. Als Mitglied sammeln sie bei jedem Einkauf, jeder Bewertung oder Weiterempfehlung Punkte, die zum Beispiel zu Rabatten oder einem Guthaben umgewandelt werden können. Angereichter werden kann die Club-Mitgliedschaft mit exklusiven Events und Challenges, die ebenfalls Punkte bringen. Adidas macht das zum Beispiel mit seinem Creators Club.
So profitieren Händler
Spielerische Elemente lassen sich vielfältig einsetzen und bringen Herstellern und Händlern diverse Vorteile für die Kundebindung, die Neukundengewinnung und die Conversions.
Besonders wirkungsvoll ist es, wenn die Spiele sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und der Kunde somit angehalten wird, am Ball zu bleiben. Dabei kleine, gewohnheitsmäßige Handlungen, die einen eher lästigen Prozess, etwa die Bezahlung, spielerisch aufwerten, ist sehr effektiv.
Wenn die Kaufabwicklung durch spielerische Elemente aufgewertet wird, reduziert sich die Abbruchrate. Mit den kleinen spielerischen Herausforderungen animieren Sie Ihre (potenziellen) Kunden außerdem dazu, sich mit Ihrem Unternehmen und Ihren Produkten aktiv zu beschäftigen, was die Kundenbindung erhöht. Insbesondere Challenges über Social Media können die Interaktion mit Ihren Followern erheblich steigern. Solche Aktionen bieten sich auch an, um die organische Reichweite zu erhöhen, so die Markenbekanntheit zu steigern und ganz neue Kundengruppen anzusprechen.
Gamification ist zudem eine hervorragende Möglichkeit, Daten von Ihren Kunden zu sammeln. Insbesondere mit dem endgültigen Aus von 3rd-Party-Cookies 2023 dürften Ihre Tools um einige Daten ärmer werden. Mithilfe der Spiele regen Sie die User dazu an, Ihre Daten freiwillig preiszugeben. Diese Daten können Sie dann verwenden, um das Nutzererlebnis zu verbessern, etwa durch personalisierte Angebote im Shop oder Newsletter.