Alle Jahre wieder kommt die Päckchenflut. Das Weihnachtsgeschäft rollt an. Eingeläutet mit dem Prime Day steigt jetzt wöchentlich die Zahl der Bestellungen und wird kurz vor Weihnachten in eine Masse an verschickte Geschenke gipfeln. Und jeder möchte sein Paket passend unter dem Weihnachtsbaum liegen haben. Eine echte Mammutaufgabe für die Logistik und die Pandemie hat die Situation noch verschärft. Doch wie sieht es dieses Jahr aus? Wie steht es um die nationalen und globalen Lieferketten? Werde alle Pakete pünktlich ankommen?
Was erwartet die Händler und ihre Lieferketten dieses Weihnachten?
Obwohl im Onlinehandel der Wachstum rückläufig ist, sind die Umsatzzahlen immer noch höher als vor der Pandemie. Die Deutschen haben das Onlineshopping für sich entdeckt und viele wollen es für die Weihnachtseinkäufe nutzen. Dabei wird national wie auch weltweit bestellt. Die großen Marktplätze machen es möglich. Für die Wirtschaft eine wunderbare Sache, für das Supply Chain Management eine echte Herausforderung, an der viele scheitern. Doch Krieg, fehlende Rohstoffe und steigende Preise verunsichern die Verbraucher. Zudem rückt das Thema Nachhaltigkeit auch zu Weihnachten immer mehr in den Fokus. Für Unternehmen bedeutet das:
1. Die Kunden kaufen früher
Das macht sich nicht nur in der Kaufmenge, sondern auch in dem Zeitpunkt bemerkbar. Viele Verbraucher fangen immer früher mit dem Kauf der Geschenke an, um mögliche Preissteigerungen zu umgehen. So planen global etwa 42 % der Konsumenten noch vor November mit den Einkäufen zum Weihnachtsfeste anzufangen. Der Weihnachtsshoppingreport von Ebay hat dabei festgestellt, dass bereits Anfang September die Zahl der Suchanfragen mit dem Begriff Weihnachten deutlich angestiegen ist, sowie die Nachfrage in den typischen Produktkategorien wie Spielzeug, Unterhaltselektronik und Mode. Der Handel sollte sich deshalb auf eine erhöhte Nachfrage am Black Friday, der Cyberweek und zum Singles Day einstellen. Für die Lieferketten bedeutet die länger gezogene Kaufphase vor Weihnachten jedoch kaum Entlastung, denn das Volumen im November erhöht sich dadurch deutlich. In bestimmten Branchen wird sogar mit einer Verdreifachung des Umsatzes zu den Schnäppchentagen gerechnet.
2. Der Preis spielt eine wichtigere Rolle
Während der Pandemie spielten vor allem Bequemlichkeit und Sicherheit eine große Rolle für die Verbraucher, doch durch die Inflation sind viele Kunden gezwungen, sich nach einer günstigeren Alternative umzusehen. Die Markentreue sinkt dadurch erheblich. Ein Wechsel zu einer billigeren Alternative ist für ca. 50 % der Kunden eine Möglichkeit dieses Jahr. Auch wenn Rabattschlachten für viele, vor allem kleine und mittlere Unternehmen, kaum machbar sind, werden Aktionen und Angebote dieses Jahr mehr denn je zum Erfolg des Weihnachtsgeschäftes beitragen. Vor diesem Hintergrund ist auch mit einer verstärkten Nachfrage auf Onlinemarktplätzen zu rechnen, denn dort lassen sich Produkte und deren Preise leichter miteinander vergleichen und Deals sind einfacher zu finden.
3. Das vermisste Shopping Erlebnis
In den letzten Jahren waren die Läden entweder geschlossen oder mit Einschränkungen belegt, die das Shoppingerlebnis zu Weihnachten deutlich getrübt haben. Das wird dieses Jahr anders sein und die Kundschaft wird das nutzen. Für Unternehmen, die sich sowohl stationär als auch digital gut aufgestellt haben, bedeutet das eine erhöhte Nachfrage auf allen Kanälen und bietet eine Umsatzsteigerung, die fast doppelt so hoch ist wie rein stationäre Händler oder reine E-Commerce Unternehmen.
4. Nachhaltige Produkte sind stark gefragt
Die Erwartungen der Verbraucher sind hoch. Das gilt auch für die Nachhaltigkeit von Produkten und deren Lieferketten. Unternehmerische Sorgfalt und Verantwortung werden vorausgesetzt. Themen wie Menschenrechte, soziale Aspekte und eine nachhaltige Wertschöpfungskette spielen eine wichtige Rolle und müssen vom Unternehmen kommuniziert werden. Wer hier nicht überzeugt, verliert die Kundschaft an die Konkurrenz. Das gilt nicht nur für nationale Betriebe. Auch internationale Unternehmen wie beispielsweise Amazon und Apple sind in den kritischen Blick der Verbrauch gerückt.
Warum haben Unternehmen Probleme mit der Supply Chain?
Man hört es jedes Jahr wieder. Zahlreiche Unternehmen kündigen schon vor der Weihnachtszeit an, dass es zu Lieferschwierigkeiten kommen kann aufgrund von fehlendem Personal oder nicht ausreichend Lieferfahrzeugen. Doch sind das wirklich die einzigen Gründe?
Lieferprobleme gibt es schon länger und unabhängig von der Weihnachtszeit, doch diese verschärft die Situation noch einmal, vor allem bei den Produktkategorien Fahrrädern, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte. Auch andere Bereiche sind betroffen und die Lage wird sich nicht zeitnah entspannen. Die Logistik geht davon aus, dass die Lieferprobleme bis Mitte 2023 anhalten werden. Die Gründe für die Probleme sind die stockende Wirtschaft und globale Lieferketten. Vor allem die chinesische Wirtschaft, mit immer wiederkehrenden Lockdowns, gesperrten Häfen und unterbrochenen Lieferketten, sorgt für enorme Verzögerungen und Staus auf den Weltmeeren. Auch Knappheit bei Rohstoffen und Bauteilen sorgen dafür, dass die deutsche Industrie mit der Produktion nicht nachkommt. Die steigenden Kosten weltweit für die Logistik tut ihr Übriges und belastet die deutsche Wirtschaft zusätzlich.
Wie können Unternehmen ihre Lieferketten auf das Jahresende vorbereiten?
Weihnachten kommt nicht überraschend und die Auftragsspitzen in der Logistik sind nicht neu. Es gilt also die gesamte Lieferkette vorzubereiten und über das Supply Chain Management zu koordinieren. Besonders wichtig ist ein effizientes Netzwerk an Lieferanten, das die eigene Lieferkette flexibel macht und schnelle Reaktionen ermöglicht. Der Einsatz von digitalen Technologien wie Lieferantenportale unterstütz Unternehmen dabei, ihre Lieferketten immer im Blick zu haben. Gibt es Ausfälle, können die anderen Lieferanten schnell darauf reagieren und einspringen. Alle wichtigen Daten werden über das Portal zur Verfügung gestellt, sodass es keine langen Entscheidungswege mehr gibt. Dies trägt auch zu einer verbesserten Resilienz bei.
Wie lässt sich das mit nachhaltigen Lieferketten vereinbaren?
Eine Entwicklung Richtung Nachhaltigkeit ist auch ein bedeutender Schritt in eine Unabhängigkeit von internationalen und globalen Warenströmen. „Made in“ bedeutet heutzutage eigentlich eher „designed in“, denn viele Produkte werden zwar im Land entwickelt, jedoch weltweit produziert. Besonders arbeitsintensive Prozesse werden in Niedriglohnländer ausgelagert. Denkt man an die unternehmerische Sorgfaltspflicht, Menschenrechte und Transparenz wäre es wünschenswert, wenn Produktionen sich wieder im Ursprungsland zentralisieren würden. Das entlastet die globalen Lieferketten und hätte auch Auswirkungen auf die Lieferprobleme, denn je kürzer die Lieferkette, umso geringer ist das Risiko für Störungen. Wie schnell unterschiedlichsten Entwicklungen Auswirkungen auf die globalen Lieferketten haben, konnte man gut am Beispiel des Brexit und dem damit einhergehenden Personalmangel in England sehen.