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Nachhaltigkeit im Handel: Ein Blick auf die Konsumenten

Während einige Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit schon seit Jahrzehnten in ihrer DNA verankert haben, stehen die großen Änderungen im Einzelhandel noch aus. Dennoch: Nachhaltigkeit ist heutzutage längst kein Nischenthema mehr. Es hat sich zum Wettbewerbsvorteil gemausert, denn die Ansprüche der Konsumenten, insbesondere die der jüngeren, sind gestiegen.

Was genau bedeutet nachhaltig handeln?

Es ist das Schlagwort schlechthin. Jeder spricht von Nachhaltigkeit und wirbt damit, doch was steckt hinter dem Trend? Was beinhaltet Nachhaltigkeit und wie kann der Handel diese umsetzen? Viele verbinden mit dem Begriff der Nachhaltigkeit vor allem den Umweltschutz. Doch dahinter steckt mehr, nämlich vielfältige ökologische, soziale und ökonomische Aspekte. Konkret gehören dazu zum Beispiel die Reduzierung der CO2-Emissionen, der schonende Umgang mit Ressourcen, Vermeidung von Plastik und umweltschädlichen Inhaltsstoffen, der Schutz von Mensch und Tier und ein fairer Handel. Je nach Branche und Handelsunternehmen wiegen die einzelnen Aspekte unterschiedlich schwer. Zudem handelt es sich dabei nicht um kurzweilige Schritte. Wer nachhaltig anbietet, der hat die Zukunft im Blick und will auf längere Sicht etwas verändern.

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Nachhaltiges Handeln bedeutet heute so zu handeln, dass zukünftige Generationen nicht durch das heutige Handeln negativ Auswirkungen erwarten müssen.

Wie man sieht, beinhaltet das deutlich mehr als nur das Thema Umwelt. 2015 haben sich die Länder dieser Welt unter dem Dach der UN zu 17 globalen Zielen für verpflichtet. Diese Ziele sind ökonomisch, ökologisch, aber auch unter sozialen Aspekten gewählt worden. Und sie gelten nicht nur für die Politik oder einzelne Unternehmen. Jeder Händler kann und soll seinen Teil dazu beitragen. Das verlangen auch die Verbraucher und achten bei ihrem Kauf immer mehr auf umweltfreundliche Produkte und nachhaltiges Wirtschaften.

Nachhaltigkeit: Das fordern die Verbraucher

Zahlreiche Käufer haben jahrelang die Bequemlichkeiten des Online-Shoppings genossen, ohne an die Schattenseiten zu denken. Müll durch Verpackungen und Retouren, CO2-Ausstoß während des Transports und schlechte Arbeitsbedingungen in den Produktionsstätten ihrer Fast-Fashion-Lieblinge sind nur ein paar Punkte. Doch inzwischen hinterfragt eine breite Masse ihr eigenes Konsumverhalten und legt beim Einkaufen Wert auf Nachhaltigkeit.

Auftrieb erhielt das soziale Bewusstsein und die Forderung nach einem wirksamen Umweltschutz verstärkt seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Für 63 Prozent der Konsumenten ist das ethische Verhalten von Unternehmen trotz Inflation und anderer Krisen immer noch wichtig und kaufentscheidend. Darunter fallen Punkte wie:

  • fairer Handel
  • soziales Engagement
  • natürliche Inhaltsstoffe
  • Tierwohl
  • umsichtiger Ressourceneinsatz
  • umweltfreundliche Verpackung
  • regionale Erzeugung

Schon vor der Pandemie war das Thema bereits in den Köpfen der Verbraucher angekommen. So belegt das Consumer Barometer von KPMG von Anfang 2020, dass insgesamt 79 Prozent der Konsumenten beim Einkauf häufiger auf Nachhaltigkeit geachtet haben; bei den Frauen sind es sogar 88 Prozent. Zudem wird immerfort deutlicher, welche Ansprüche die Kunden an das Unternehmen haben. Von Fast-Fashion geht der Trend immer mehr zu Slow-Fashion. Der Kunde will wissen, woher seine Kleidungsstücke sind. Sie sollen unter Wahrung der Menschenrechte und fairen Arbeitsbedingungen produziert werden. Bei Elektrogeräten steht ganz oben der Wunsch nach einer langen Lebensdauer, einfachen Reperaturmöglichkeiten und eine gute Energieeffizienz. Letzteres ist in der Priorität gestiegen dank der Energiekrise. Aber es ist nicht immer das Produkt, das im Interesse des Kunden steht. Oft gucken sich Interessenten auch das Unternehmen an. Welchen Ruf es hat und ob es sich für die Umwelt engagiert. Hier stehen Themen wie erneuerbare Energien, CO2-Emmision und nachhaltiger Handel im Fokus. Die Befragten nehmen in Sachen Nachhaltigkeit vor allem die Hersteller in die Pflicht. Dahinter folgen gesetzliche Vorgaben. An dritter Stelle sehen sich die Konsumenten selbst gleichauf mit dem Einzelhandel und Online-Shops.

Woher nehmen Konsumenten Produkt- und Unternehmensinformationen?

Die Informationen dazu, ob ein Produkt nachhaltig ist, holt sich laut Consumer Barometer über die Hälfte der Befragten aus dem Internet. 41 Prozent informieren sich im stationären Handel oder vielmehr am Produkt. Bei den 16 bis 29-Jährigen spielen Informationen von Freunden und Bekannten eine große Rolle. Die Gruppe der 50 bis 59-Jährigen informiert sich lieber über das Radio und Fernsehen. Allerdings fehlt 50 Prozent der Befragten die klare Aufklärung, ob ein Produkt nachhaltig ist oder nicht. Sie fordern von den Herstellern und Händlern daher mehr Informationen. Vor allem im Einzelhandel ist oft nicht ersichtlich, wie nachhaltig ein Produkt ist.

Wie wichtig es ist, Informationen verständlich und schnell zugänglich zur Verfügung zu stellen, zeigt auch, dass einigen Käufer die Auseinandersetzung mit dem Thema zu aufwendig ist: 25 % der Männer empfinden das so.

Konsumenten sind bereit, mehr für nachhaltige Produkte auszugeben

Mehrere Studien belegen, dass Kunden durchaus bereit sind, für nachhaltige Produkte tiefer in die Tasche zu greifen. Laut PwC-Studie „Gen Z is Talking. Are you Listening?“ würde die Generation Z mehr Geld für Non-Food-Produkte auszugeben, die nachhaltig (45 %) oder ethisch (44 %) produziert wurden. Höhere Preise würden sie auch bei Unternehmen in Kauf nehmen, die für gemeinnützige Organisationen gespendet haben (41 %). Immerhin noch 38 Prozent sind bereit, für eine nachhaltige Verpackung mehr zu bezahlen. Und auch der KPMG Consumer Barometer belegt, dass zwei Drittel bereit sind, mehr Geld für nachhaltige Produkte auszugeben – bis zu 10 Prozent mehr würde etwa die Hälfte der Befragten akzeptieren. Zwar drückt die Inflation aktuell die Bereitschaft für höhere Preise. Der Einzelhandel könnte es sich jedoch zunutze machen und nachhaltigere Produkte in den Vordergrund stellen.

Tipps für Händler

Nachhaltigkeit im Handel wird für die Verbraucher immer wichtiger. Wer als Einzelhändler und Online-Händler nicht ins Hintertreffen geraten will, sollte eine Nachhaltigkeitsstrategie erarbeiten und in die Unternehmens-DNA einbauen. Dabei ist wichtig, stets authentisch und transparent zu sein. Greenwashing oder Corporate-Social-Responsibility als reine PR-Maßnahme werden die Konsumenten über kurz oder lang durchschauen; solche Täuschungen dürften heutzutage schnell in einem Shitstorm enden. Gefragt ist eine echte nachhaltige Entwicklung.

„Grün“ wird ein Handelsunternehmen nicht über Nacht. Planen Sie also Zeit und die nötigen Investitionen ein und holen Sie sich, falls nötig, Know-how in das Unternehmen. Das mag anfangs eine finanzielle Belastung bedeuten, das Ergebnis verbessert aber mittel- und langfristig Ihr Image und stärkt Sie gegenüber Ihren Wettbewerbern.

Eine große Herausforderung auf dem Weg zur Nachhaltigkeit ist, dass es noch keinen objektiv prüfbaren und international gültigen Kriterienkatalog gibt. Das macht es auch für Händler und Hersteller schwierig, ihre Wertschöpfungs- und Zulieferkette zu überprüfen und ihren Kunden vollständige Transparenz zu bieten. Dennoch können unternehmenseigene, messbare Ziele festgelegt sowie Ziel- und Wertvorstellungen auch innerhalb des Unternehmens kommuniziert und gelebt werden. Zu den bedeutsamsten Bereichen mit Optimierungspotenzial in puncto Nachhaltigkeit im Handel gehören zum Beispiel:

  • Verpackungen: Vermeidung von Plastik und zu großer Umkartons, Reduzierung des Mülls, stattdessen Einführung von wiederverwertbaren Verpackungen aus umweltfreundlichen Materialen
  • Logistik: Verkürzung der Lieferwege und effizientere Zustellungskonzepte, dadurch CO2-Einsparungen
  • Retourenmanagement: Retourenvermeidung, Verzicht auf Retourenvernichtung, evtl. Spenden
  • ReCommerce: Professionelle Wiederaufbereitung gebrauchter Produkte und deren Weiterverkauf
  • Energieeffizienz: z. B. in Bürogebäuden und Lagerhallen, Umzug in ein „grünes“ Gebäude, energiesparende Website

Konkret kann es helfen, Kunden über die Beweggründe aufzuklären: Bitten Sie etwa darum, das Kleidungsstück nur in der einen Größe zu bestellen oder um Verständnis, wenn die Lieferung mehrerer Artikel zusammengefasst wird und daher länger dauert, – der Umwelt zuliebe. In den meisten Fällen dürfte das die Customer Experience nicht schädigen, sondern sogar aufpolieren, sofern Nachhaltigkeit im Unternehmen auch ansonsten ein authentisches Ziel ist.

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