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So sieht die Innenstadt der Zukunft aus

Die Frage, ob der Einzelhandel und Innenstädte – wie wir sie kennen – zukünftig überleben, steht schon lange im Raum. Der E-Commerce wächst weiterhin, teilweise bedingt durch die Auswirkungen der Corona-Krise. Seit Beginn der Pandemie mussten Innenstädte und Shopping-Malls im Durchschnitt rund 70 % des Umsatzes einbüßen. Diese Zahl geht aus der aktuellen Verbraucherstudie zum E-Commerce des bevh (Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V.) hervor. Was zunächst wie ein Horrorszenario klingt, kann sich durchaus als eine positive Entwicklung für Städte herausstellen.

Einkaufen mit Erlebnissen verbinden

Der bevh prognostiziert eine erhöhte Chance für kleine, lokale Einzelhändler, sich im Wettbewerb zu behaupten. Anders als jetzt, wird die Umsatzverteilung in die Breite gehen, und nicht mehr nur auf die zentralen, großen Player einzahlen. Ein Grund ist sicherlich, dass Open-Source- und System-Softwares immer kostengünstiger werden und so auch den kleinen Händlern zugänglich sind. So können auch sie schneller Webshops aufbauen, diese mit dem Angebot im stationären Einzelhandel verknüpfen und für Käufer attraktiver werden. Schließlich lassen sich Konsumenten nach wie vor gern vor Ort inspirieren und beraten – gekauft wird jedoch häufig im Internet, nach einer weitergehenden Recherche und mit Lieferung direkt nach Hause. Fazit: Wer online nicht präsent ist, bei dem wird weniger oder zukünftig gar nicht gekauft.

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Mit gut durchdachten Omnichannel-Konzepten können Händler ihre Kunden über vielfältige Kanäle erreichen, um sie nicht an die Big Player der Onlinewelt zu verlieren. Neue, moderne Ideen ziehen die Menschen zusätzlich wieder zurück in die Innenstädte. Eine Studie von JLL (2021) zeigt, dass es Käufern nicht mehr nur um das reine Konsumieren geht – denn das können sie schließlich auch von zu Hause aus. Was sie wirklich in die Innenstadt zieht, ist viel mehr die Verbindung des Shoppings mit Restaurantbesuchen oder alltäglichen Einkäufen und Erledigungen, soziale Begegnungen oder echte Erlebnisse.

Die 15-Minuten-Stadt

Der Einzelhandel allein kann die Innenstädte nicht wiederbeleben. Was es dazu braucht, sind Stadtplaner, die neue Impulse geben. Das Konzept der 15-Minuten-Stadt stammt von Prof. Carlos Moreno von der Sorbonne in Paris, Leiter des Institut ETI – Entrepreneuriat, Territoire, Innovation, der einen Zusammenhang zwischen dem geographischen Umfeld und dem unternehmerischen Handeln erkannt hat. Die Idee der Stadt-der-kurzen-Wege verbindet Raum zum Wohnen und Arbeiten mit innovativen Einkaufsstrukturen und attraktiven Kultur- und Freizeitangeboten. Alle Strecken des Alltags – ob zum Supermarkt, in die Arztpraxis, zum Bahnhof, in eine Boutique, zum Friseur, zur Universität oder zum Arbeitsplatz – können in weniger als 15 Minuten zu Fuß oder mit nachhaltigen Verkehrsmitteln, wie dem ÖPNV oder dem Fahrrad, zurückgelegt werden.

Innenstädte wie sie heute bekannt sind, werden grundlegend verändert. Neue Strukturen verteilen alle Stationen des Alltags gleichmäßig über die Stadt und machen den zentralen Bereich durch Kulturangebote, kleine Händler und Wohnbereiche wieder attraktiver. Es entstehen zahlreiche, kleinere Stadtviertel – die kompakte, süße Einkaufsstraße von früher kehrt zurück. Einige Metropolen, wie Berlin, Hamburg, Wien und Paris setzen das Konzept bereits in die Tat um. Aber auch viele Mittelstädte werden mitziehen, die Arbeits- und Lebensqualität vor Ort verbessern und so in den nächsten Jahren ein deutliches Wachstum verzeichnen.

Ein Ergebnis dieses Konzeptes könnten lokalere Wertschöpfungsketten sein. Denn nur so lässt sich der Versorgungsbedarf innerhalb von 15 Minuten vollständig erfüllen. Wenn das gewünschte Produkt gerade nicht verfügbar ist, kann die Ware online im Nachbarviertel bestellt und abgeholt oder in kürzester Zeit geliefert werden. Diese lokalen Möglichkeiten machen großen, internationalen Anbietern starke Konkurrenz. Nicht zuletzt auch, weil das Nachhaltigkeitsbewusstsein innerhalb der Bevölkerung kontinuierlich zunimmt und in dieser Hinsicht lange Lieferketten oder unnötiges Verpackungsmaterial relevante Themen sind.

Fazit

Eins ist klar: Die Innenstädte werden sich auf eine spannende, neue Art und Weise weiterentwickeln und umstrukturieren. Der verstärkte Fokus auf die Lebensqualität der Bewohner ist bereits jetzt vor allem in Europa zu beobachten und wird sich in Zukunft noch stärker etablieren. Der Charme, den die Innenstädte verloren haben, soll zurückgewonnen werden.

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