EinzelhandelLager

Tipps für die Inventur im Einzelhandel

Alle Unternehmen, die zur doppelten Buchführung verpflichtet sind, müssen mindestens einmal im Jahr eine Inventur durchführen. Dabei wird geprüft, welche Vermögensgegenstände sie im Unternehmen haben, welchen Wert diese haben und wie hoch sich etwaige Schulden belaufen.

Viele Unternehmen wählen den 31.12. als Bilanzstichtag und führen eine sogenannte Stichtagsinventur durch. Die Inventur kann dabei bis zu drei Monate vor- und zwei Monate nachgelagert werden. Während der Inventur werden Warenbewegungen ausgesetzt, alle zu dem Zeitpunkt vorhandene Waren werden erfasst und der Istbestand aufgenommen.

Ähnliche Artikel

Damit die Inventur reibungslos gelingt und sich der Aufwand in Grenzen hält, sind eine sorgsame Planung, Vorbereitung und Durchführung essenziell. Zudem erleichtern digitale Hilfsmittel die Arbeit erheblich.

Was sind die gesetzlichen Vorschriften bei der Inventur im Einzelhandel?

Die gesetzliche Grundlage zur Verpflichtung zu einer Inventur ergibt sich aus den §§ 240 Abs. 1, 2 und 242 Abs. 1 HGB. Diese besagen, dass jeder Kaufmann (nach § 1 HGB) dazu verpflichtet ist, sowohl bei Geschäftseröffnung als auch zum Schluss eines jeden Geschäftsjahres zur Bestandsaufnahme (das ist die Inventur) ein Verzeichnis (das Inventar) über seine Vermögenswerte und Schulden zu erstellen. Dies ist zwingender Teil einer ordnungsgemäßen Buchführung.

Die Vorschrift gilt für jeden Kaufmann. Eine Befreiung hiervon ist unter bestimmten Voraussetzungen jedoch möglich. Sie gilt für nicht kapitalmarktorientierten Einzelkaufleuten. Diese haben nach § 241. HGB ein Wahlrecht zum Verzicht einer Aufstellung eines Inventars. Hierfür dürfen die Umsatzerlöse nicht 600.000 Euro übersteigen. Der Jahresüberschuss darf nicht über 60.000 Euro an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren liegen. Bei einer Gründung kann von der Verzichtmöglichkeit bereits am ersten Abschlussstichtag nach Neugründung Gebrauch gemacht werden. Allerdings nur, wenn die Werte nicht überstiegen werden.

Was sind die Vorteile der Inventur?

Neben der Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben gibt es noch einige andere Gründe, die für die Durchführung einer Inventur sprechen. Da bei der Inventur eine sehr genaue Bestandsaufnahme gemacht wird, erhält das Unternehmen so einen aktuellen Überblick über die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Wenn das, was auf dem Zettel steht, zu dem, was vorhanden ist, abweicht, müssen Korrekturen durchgeführt werden. Eine Inventur dient zudem als Datenquelle für den buchhalterischen Jahresabschluss zum Bilanzstichtag. Stichprobenartig über das Jahr verteilt oder als permanente Inventur erhöht sie auch die Datenlage in der Lagerverwaltung und im Beschaffungsmanagement. Im Detail bedeutet das:

  1. Der Schwund lässt sich feststellen. Differenzen zwischen dem buchhalterischen Warenbestand und den tatsächlich vorhandenen Warenbeständen treten oft auf und haben verschiedene Gründe. Diebstahl ist einer davon. Zu den Langfingern gehören nicht nur die Kunden. Auch Mitarbeiter, Servicekräfte oder Lieferanten können zugreifen. Durch die Diebstähle kann wegen der Mehrwertsteuerausfälle ein volkswirtschaftlicher Schaden von 510 Millionen Euro entstehen. Beschädigung oder Fehlbestellungen kommen hinzu. Auch organisationsbedingte Verluste führen zu Inventurdifferenzen. Dazu gehören etwa falsche Preisauszeichnungen sowie Fehler durch das Kassenpersonal. Auch Fehler bei der Erfassung des Wareneingangs oder bei der Inventur an sich sorgen für Bestandsfehler. Durch eine Bestandsaufnahme erhält man ein gutes Bild davon, wo noch Optimierungsbedarf besteht. Lohnen sich alle Sicherheitsmaßnahmen oder muss es mehr geben?
  2. Wenn weniger da ist als gedacht, kann auch nur weniger verkauft werden. Weniger verkaufen bedeutet weniger Umsatz. Mit einer durchgeführten Inventur können diese Lücken frühzeitig erkannt werden. Ein entsprechendes Gegensteuern ist nur dann möglich.
  3. Man findet Ladenhüter und echte Performer heraus. Es gibt immer Produkte, die gehen weg wie geschnitten Brot. Andere verweilen länger im Regal. Die Bestandsaufnahme gibt hier guten Überblick über die Produktperformance. Regalblockierer können so schneller identifiziert und mit gezielten Rabattaktionen verkauft werden.
  4. Was nicht vorhanden ist, kann bestellt werden. Dafür muss man aber wissen, was nicht da ist. Knappheit fällt oft erst zu spät auf. Ebenso stehen nicht selten Waren, die beim Transport beschädigt wurden, noch als vorhanden in den Büchern. Eine Inventur deckt diese Fehler auf und ermöglicht eine schnelle Bestellung.
  5. Eine effektivere Preisstrategie. Wie genau steht es um das Unternehmen? Um die Produkte? Wo ist eine erhöhte Nachfrage, wo Ladenhüter? Mit dem Durchführen eine r Inventur erhält das Unternehmen darauf Auskünfte. Und mit diesen einen guten Überblick, ob die aktuelle Preisstrategie eventuell angepasst werden muss.

Welche Arten einer Inventur gibt es?

Bei der Inventurform unterscheidet man zwischen der körperlichen Bestandsaufnahme und der buchhalterischen. Im ersten Fall werden alle vorhandenen Bestände wie Waren, Rohstoffe etc. tatsächlich durch Menschen gezählt. Es laufen also mehrere Personen durch das Lager, den Verkaufsraum etc. und zählen mit unterschiedlichsten Hilfsmitteln den Bestand aller Positionen.

Bei der buchhalterischen Inventur werden Guthaben und Forderungen und Schulden und Verbindlichkeiten buchhalterisch aufgezählt. Dazu zählt auch Anlagevermögen, welches beispielsweise Maschinen und Fuhrpark beinhaltet. Hier geht es nicht darum zu zählen, wie viele Autos auf dem Hof stehen, sondern welchen Wert jedes Auto am Bilanzstichtag hat. Zusätzlich werden die Werte des Anschaffungstages- oder Herstellungstages, seine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und die Jahresabschreibung notiert.

Zudem gibt es die Unterscheidung der Inventurmethoden in eine Stichtagsinventur, eine permanente Inventur, die zeitversetzte Inventur und die Stichprobeninventur. Geregelt sind diese Methoden im § 241 HGB. Die Stichtagsinventur wird, wie der Name es vermuten lässt, zu einem festgelegten Termin durchgeführt. Unternehmen haben hier einen flexiblen Zeitrahmen von 10 Tagen vor und 10 tagen nach dem Stichtag. Große Unternehmen neigen eher zur permanenten Inventur. Bei dieser wird eine Inventur monatlich oder quartalsweise durchgeführt. Zum Bilanzstichtag werden dann alle Daten der permanenten Inventur ins Inventar eingetragen. Bei der letzten Methode werden die Bestände mittels Stichproben über das Jahr verteilt gezählt. Mit Hilfe von Hochrechnung erfolgt dann eine Eintragung ins Inventar.

Vorbereitung der Inventur

  • Inventurkalender: Nachdem Sie das Datum festgelegt haben, sollten Sie einen Zeit-, Ablauf- und Personalplan erstellen und die Inventurbereiche im Verkaufsraum und dem Lager festlegen. Die Mitarbeiter sollten frühzeitig informiert werden und den Plan einsehen können, damit sie sich auf die bevorstehende Arbeit vorbereiten können.
  • Inventurteam: Bestimmen Sie einen Inventurleiter, der die Vorgänge beaufsichtigt und im Anschluss kontrolliert, ob alle Bereiche erfasst wurden. Da jeder Mitarbeiter bei der Inventur anders vorgeht, sollten Sie vorab klare Regeln aufstellen und direkt vor Beginn der Inventur entsprechende Anweisungen geben. Achten Sie darauf, dass auch neue Mitarbeiter mit den einzelnen Schritten der Inventur vertraut sind. Informieren Sie Ihre Mitarbeiter zudem darüber, falls Dritte, zum Beispiel ein Steuerberater, an der Inventur mitarbeiten.
  • Aufräumen & Inventurbereiche festlegen: Um während der Inventur den Aufwand zu minimieren und am Stichtag Zeit zu sparen, sollten Sie bereits im Vorfeld defekte oder beschädigte Ware separat lagern sowie Verkaufsraum und Lager aufräumen. Das können die Mitarbeiter gut nach und nach während des laufenden Geschäftsbetriebs erledigen. Am Inventurtag sollte die Ware bereits geordnet, die Inventurbereiche gekennzeichnet und den einzelnen Inventurteams zugeordnet sein. Auch Scanner oder andere Geräte zur Erfassung sollten dann schon bereitliegen.
  • Kunden informieren: Falls Sie das Geschäft für die Dauer der Inventur oder frühzeitig schließen müssen, sollten Sie Ihre Kunden einige Tage vorher darüber informieren, etwa durch Plakate am Eingang und Postings in den sozialen Netzwerken.

Digitalisierte Inventur im Einzelhandel

Sie kennen den Aufwand einer Inventur bestimmt bereits, sonst wären Sie hier nicht gelandet. Sie frisst Zeit und Personal. Doch die Digitalisierung schreitet immer weiter voran. Moderne Warenwirtschaftssysteme sind der Lagerverwaltungssoftware gekoppelt und mittlerweile in der Lage, eine Inventur durchführen zu können. Unterstützt wird diese durch verschiedene digitale Hilfsmittel. Neben den klassischen Scannern gibt es heutzutage auch die Option, die Inventur mithilfe der mobilen Datenerfassung durchzuführen. Moderne Warenwirtschaftssysteme bieten die Möglichkeit, auf mobilen Endgeräten wie Tablets oder Smartphones genutzt zu werden. In der App können Sie einen Inventurort/-platz einfach anlegen. Mit der Kamera oder einem externen Scanner können Sie die Ware dann erfassen. Inventurdaten lassen sich zudem manuell eingeben und mit wenigen Klicks bearbeiten oder löschen. Nach Abschluss der Inventur können Sie das Inventurset bequem an das Backend exportieren. Die digitale Erfassung erleichtert den Abgleich mit den Sollbeständen.

Zudem bieten immer mehr Softwarehersteller Systeme an, mit denen eine Stichprobeninventur durchgeführt werden kann, die der ordnungsgemäßen Buchführung entspricht und den Inventuraufwand um bis zu 95 % senkt. Diese Systeme sind cloudbasiert, benötigen keine Installation und können so Filiale- oder lagerunabhängig genutzt werden. In Kombination mit RFID oder Scannermodulen wird die Inventur zu einem wenige Minuten Aufwand, der auch mehrmals monatlich durchgeführt werden kann. Eine bessere Datengrundlage für die Warenwirtschaft und Beschaffung ist kaum möglich.

Ähnliche Artikel

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"