Mit dem wachsenden Onlinehandel schießen immer mehr Marktplätze und Verkaufsplattformen aus dem Boden – auch im B2B-Bereich. So erweitern beispielsweise Amazon und eBay ihr Angebot um B2B-Komponenten und bieten Großhändlern in der Onlinewelt einen Ort, ihre Produkte an Geschäftskunden zu verkaufen. Gleichzeitig profitieren von der enormen Reichweite und können in den internationalen Markt einzutreten: Amazon Business und eBay Business Supply.
Auch Mercateo oder Alibaba eröffnen gewerblichen Kunden die Möglichkeit, viele Kataloge unterschiedlicher Lieferanten und Hersteller weltweit zeitgleich nach Produkten zu durchsuchen. Weitere Marktplätze werden von Start-ups und Quereinsteigern ins Leben gerufen, die die Chance ergreifen, sich in einem offenen Marktumfeld zu etablieren.
Viele Unternehmen treten diesem Wandel zögernd entgegentreten und betrachten ihn als Herausforderung.
Andere binden Käufer, erschließen neue Kunden und erhöhen Marktanteile. Großhändler können ihren Webshop zu einer Plattform für den Verkauf fremder Marken machen. Händler bieten ihren Käufern so ein breiteres Produktsortiment, behalten aber dennoch die Kontrolle über das Serviceniveau und die Kundendaten.
Insbesondere die Erwartungen auf Käuferseite und der Druck durch die großen Online-Player verändern die Großhandelswelt. Die Logistik sowie Lieferketten und Wachstumsstrategien müssen neu gedacht werden, damit Großhändler auf den Zug der Zeit aufspringen können.
Veränderungen der Kundenerwartungen
Gewerbliche Kunden lassen sich zunehmend von ihren privaten Einkaufsgewohnheiten leiten. Moderne, digitalisierte Erwartungen lösen die traditionellen Kundenbedürfnisse teilweise ab. Insbesondere die jüngere, nachrückende Käufergeneration ist durch ihren privaten Umgang mit dem Internet in Bezug auf Onlineshopping, Produktrecherche oder Terminbuchungen stark geprägt. Diese Gewohnheiten spiegeln sich in ihren Erwartungen an Großhandelspartner wider. Die aktuelle Studie zur Plattformökonomie im Großhandel von IFH Köln zeigt, dass mehr als die Hälfte der Großhändler befürchtet, diese Generation als Käufer zu verlieren.
Während die traditionellen Kundenbedürfnisse durch persönliche Beratung und Verkaufsexklusivität – das heißt, dass gewisse Ware nur an Stammkunden verkauft wird – weitestgehend befriedigt werden konnten, legt die moderne, zukünftige Käufergeneration Wert auf digitale Lösungen sowie eine simple, intuitive Beschaffung. Durch den Wunsch, alles aus einer Hand über einfache Schnittstellen beziehen zu können, steigt im B2B-Bereich das Interesse an Marktplätzen. Denn Käufer profitieren von einer digitalisierten Beschaffung, weitreichenderen Produktangeboten und einem schnelleren, reibungslosen Bestellprozess.
Wandel der Logistik und Lieferketten
Nicht nur die Kundenerwartungen verändern sich, sondern auch die Bestellprozesse. Aufträge werden immer kleinteiliger und die Lieferung soll bestenfalls sofort erfolgen. Wenn Großhändler ihr Sortiment erweitern möchten, müssen sie mit noch komplexeren Lieferketten rechnen. Bei einer Überseelieferung steigen zudem nicht nur die Kosten – die Nachhaltigkeit der gesamten Lieferkette leidet ebenfalls. Laut der IFH-Studie sind all das Herausforderungen, die es gilt, durch optimierte Prozesse zukünftig zu meistern, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Studie zeigt, dass fast die Hälfte der Großhändler Amazon Business als große Bedrohung erkennt, da der Marktplatz ihre Funktion immer mehr ersetzt. Wenn unterschiedliche Unternehmen kooperieren, auf Marktplätzen oder Plattformen verkaufen und gemeinsame „virtuelle Lager“ erschaffen, gewährleisten sie eine höhere Verfügbarkeit der Produkte, einen besseren Kundenservice und ermöglichen einen schnelleren, effizienteren Versand.
Anpassungen der Wachstumsstrategie
Der zunehmende Konkurrenzdruck zwingt Händler schon jetzt dazu, ihr Geschäftsmodell – zumindest teilweise – auf digitale Marktplätze und Plattformen auszurichten. 69 % der Befragten gaben im Rahmen der IFH-Studie an, sich selbst zur Plattform entwickeln zu wollen. Bislang gehen jedoch nur wenig Großhändler aktiv in die Umsetzung und 66 % möchten andere Marktplätze als zusätzliche Verkaufskanäle nutzen. Um sich dadurch ausbreiten und unter der Vielzahl an Wettbewerbern behaupten zu können, sollten optimierte interne Prozesse, die Erschließung neuer Kundengruppen sowie die Stärkung bestehender Beziehungen ebenfalls feste Bestandteile der Wachstumsstrategie sein.
Fazit
Aufgrund der Veränderungen in der B2B-Handelswelt entstehen für Unternehmen unterschiedliche Möglichkeiten zur Neuorientierung: Sie können auf bestehenden Marktplätzen verkaufen, eine Plattform umsetzen oder eigene Services ausbauen. Gefragt sind in jedem Fall ganzheitliche Lösungsansätze, die echte Mehrwerte schaffen und Kunden langfristig binden, anstatt „nur“ schlicht die Nachfrage durch das Angebot zu stillen. B2B-Marktplätze und -Plattformen spielen auch zukünftig eine immer größere Rolle und bilden eine Brücke zwischen Käufern und Großhändlern.